In der aktuellen Diskurskrise wird von größeren Museen, Theatern und Universitäten erwartet, dass sie ihre eigene Haltung kommunizieren. Was steckt hinter dem Begriff der Haltung, und wie gelingt es Kultureinrichtungen, diese zu bestimmen?
Eine der schwierigsten Aufgaben für größere Organisationen ist es zurzeit, in der Diskurskrise die eigene Haltung zu bestimmen. An die Krisenstäbe oder Leitungen werden in diesem Zusammenhang hohe Anforderungen gestellt. Sie sollen alle Menschen im eigenen Haus hören und beteiligen, deren individuellen Ansprüchen und Bedürfnissen gerecht werden und gleichzeitig angemessen und mutig für die Institution sprechen, die Gesellschaft voranbringen und Orientierung bieten. Es ist die Quadratur des Kreises, die sprichwörtlich nicht gelingt und in einem großen Durcheinander an Statements, Protesten und gegenseitigen Vorwürfen endet. Ein vielstimmiges Chaos, das wiederum die Krise verschlimmert und die Ansprüche immer weiter erhöht.
Die Ursache für diese Herausforderungen liegt darin, dass der Begriff der Haltung mehrere Bedeutungsdimensionen hat. Auf der einen Seite verstehen wir unter Haltung eher die Pflege von etwas Wertvollem. Beispielsweise die artgerechte Haltung von Tieren oder im erweiterten Sinn die Erhaltung von Kulturgütern oder eines gemeinsamen Erbes. Haltung wird auf der anderen Seite als Beschreibung eines politischen Standpunkts benutzt, einer geistigen Verfasstheit oder Position, die sich dann in Zivilcourage oder durch eine andere gesellschaftlich relevante Arbeit ausdrückt.
Zwischen diesen beiden Dimensionen finden Institutionen nicht den passenden Platz. Sie schwanken zwischen politischen Statements, die ihre Aufgaben und Rollen deutlich überschreiten, oder einer unklaren Zurückhaltung und Reserviertheit, wenn es um die Benennung ihrer wesentlichen Interessen geht. Lösen lässt sich dieses Dilemma, indem man die Dimensionen nicht als gleichzeitige Phänomene, sondern als ein Stufenmodell ansieht, das passend zur Aufgabe der Organisation angepasst werden muss.
Im Mittelpunkt der Arbeit jeder Kulturinstitution steht die Pflege, der Aufbau und der Erhalt von sehr unterschiedlichen Kulturgütern. Am Beispiel der Universitäten ist es einfach, diese erste Stufe und damit eine universelle Haltung zu definieren. Sie sollten die Wissenschaft und Künste „behüten und pflegen“. Die dazu passende Haltung ist, dass die Wissenschafts- und Kunstfreiheit geschützt und gewährleistet werden müssen. Daraus ergeben sich in der Diskurskrise viele Aufgaben. Beispielsweise dürfen politische Aktionen in den Häusern den Unterricht oder die Forschung nicht verhindern. Oder, dass sich ausnahmslos alle Studierenden und Mitarbeitenden sicher fühlen müssen.
Es kann auch vorkommen, dass Universitäten in der zweiten Stufe, der politischen Haltung, gefordert werden. Beispielsweise, wenn es Gesetze gibt, die in ihre Aufgaben eingreifen. Dann sollten Hochschulen Positionen einnehmen und wehrhaft sein. Diese Aktionen lassen sich dann sehr gut aus der eigenen Aufgabe und Rolle bestimmen und somit auch transparent, authentisch und nachvollziehbar kommunizieren. Das Gleiche gilt für Museen, Opern oder auch Theater. Haltung ergibt sich am klarsten aus der eigenen Rolle und ist in den meisten Fällen unpolitisch. So können die Häuser konstruktiv und aktiv an der Diskurskrise teilnehmen, anstatt im Strudel mitgerissen zu werden.
Hej! Mein Name ist Karin, ich bin ziemlich nerdy und beschäftige mich viel mit digitalen Medien. Ich bin Digitalexpertin, Kulturwissenschaftlerin, und Co-Gründerin der kultur{}botschaft.
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