re:publica Hamburg | Me, Myself and AI. Code und Gefühle: Der algorithmische Spiegel | September 2023
In dem Talk ging es um die Spiegelung unseres Selbst durch Algorithmen. Unsere innere Vielfalt erhöht sich, die Nutzungsgewohnheiten werden hyperpersonalisiert. Formate werden authentischer und Massenphänomene wandeln sich zu individuellen Erfahrungen. Ziel ist es, ein Bewusstsein für diese neue Art der Selbstkonstruktion zu schaffen und das bei der Formatentwicklung zu berücksichtigen.
„Mirror, mirror on the wall | Tell me mirror, what is wrong?“ Das haben vor über 30 Jahren De La Soul gerappt. Längst gibt es eine Coverversion, und auch wir wenden uns nicht mehr an den Schminkspiegel: Algorithmen zeigen uns, wer wir sind. Auf TikTok gibt es einen eigenen Hashtag für Frauen, die über ihre For-You-Page herausbekommen haben, dass sie Frauen lieben. Denn auch wenn wir uns selbst noch nicht die Wahrheit über unsere Bedürfnisse gesagt haben, spiegeln unsere Views und Interaktionen auch unbewusste Emotionen wider. Dieser Inhalt hat uns etwas gegeben, er war nützlich für unser Selbst. Diese Selbst-Nützlichkeit steht im Fokus meines Talks, der auf 5 Hypothesen beruht:
#1 Die Hyperpersonalisierung des Medienkonsums auf digitalen Plattformen treibt die Auflösung von Genres voran, das führt zu anderen und innovativeren Formaten.
#2 Vielfalt wird nicht mehr Format-, sondern User:innen-zentriert gedacht. User:innen nutzen Medien, wenn sie nützlich sind. Algorithmen erkennen diesen Service in vielen verschiedenen Formaten und stellen eine sehr differenzierte Palette zusammen, die uns mit ganz anderen Welten in Berührung bringt.
#3 Zielgruppen sind für Formatentwicklungen zu stereotyp. Sie beschneiden Vielfalt, weil nicht genügend Identitätspunkte erfasst werden und sie auf Status und nicht auf Emotionen zielen.
#4 Formate werden wesentlich authentischer, weil der Nutzen für den User:in nicht von der technischen Qualität, sondern von der passenden Geschichte zum eigenen Nutzen abhängt.
#5 Unsere Medien-Nutzungsgewohnheiten ändern sich. Massenphänomene wie Hits oder virale Erfolge werden zu individuellen Erscheinungen, Social Media wird zu „Me, Myself and AI-Media“.
Wie sollten wir mit unseren digitalen Selbstbildern umgehen? In Schneewittchen nimmt die Selbstbetrachtung kein gutes Ende, machen wir es besser.
re:publica Hamburg | Honey, I shrunk the Artist! – Wie KI das Künstler:innenbild verändert | September 2023
In der Moderne war der/die Künstler:in das Original schlechthin. Niemand malte wie Picasso, niemand sang wie Aretha Franklin. Durch die neuen KI-Programme wird alles anders. Die klare Zuordnung von Werken zu Urheber:innen verliert an Bedeutung. Welche Folgen hat diese Entwicklung für das Bild und die Stellung von Künstler:innen?
In der Verwendung von KI-Programmen zeichnet sich eine zunehmende Entkopplung von Werk und Autor:in ab:
#1 Produzent:innen verwischen mit Deep Fakes die Herkunft von Musik: siehe der Fall von Drake, The Weeknd und »Heart on my sleeve«. Weder die suggerierte Autorschaft der Stars ist echt, noch sind die wahren Urheber:innen bekannt.
#2 Generative KI-Programme wie »Stable Diffusion« erlauben Bildsuche und Bildgenerierung mit oder ohne Zuordnung zu bestimmten Künstler:innen. Von den einzigartigen »künstlerischen Handschriften« bleiben adaptierbare Stilmerkmale.
#3 Texte werden von Chatprogrammen benutzt und umgeschrieben, die Frage wer der/die ursprüngliche Autor:in ist, verliert im alltäglichen Gebrauch an Relevanz.
Verschwinden Künstler:innen, wie wir sie kannten, aus der Kunst? Werden sie nur noch als Lieferant:innen von ästhetischem Material gebraucht? Was wird aus ihrer einstigen Rolle als Leitfiguren menschlicher Kreativität?
In diesem Vortrag untersuchte Ralf Schlüter die Folgen dieser Entwicklung für Kunst und Ökonomie, schaue wie Holly Herndon und andere Künstler:innen neue Selbstbilder entwerfen, und die Frage, wie Plattenfirmen, Verlage und Museen auf die Autor:innenkrise reagieren können.
Wie können Ministerien digital mit den Bürgern kommunizieren? Darüber haben wir in Hannover diskutiert. Die Medien haben sich in den vergangenen Jahren sehr verändert, wir entwickeln uns von einer One-to-Many zu einer Many-to-Many-Öffentlichkeit. Für staatliche Organe ergeben sich aus dieser Entwicklung drei Stufen der Kommunikation. Die erste hängt an der Digitalisierung der Verwaltung, die zwei andern haben die Kommunikationsabteilungen selbst in der Hand.
#1 Grundlagen-Informationen, um an der Gesellschaft teilhaben zu können. Diese Kommunikation sollte auf Datenbasis automatisiert, personalisiert und vernetzt stattfinden. Die digitale Verwaltung in Dänemark schickt beispielsweise jedem Bürger Push-Nachrichten mit individuellen Links auf anstehende Gesundheitstermine oder Steuerabgaben.
#2 Lebenslagen-Kommunikation für aktuelle Fragen. Menschen folgen im Digitalen eher ihren Bedürfnissen und nicht den Strukturen der Verwaltung. Informationen sollten darum Ressortübergreifend gebündelt werden.
#3 Bürger:innen als soziale Gemeinschaft und nicht als Informationsempfänger begreifen. Digitale Communities entstehen über Nähebeziehungen und Bedürfnissen.
Es war eine sehr spannende und inspirierende Diskussion.
Hitch On | Summer of Content | Personas, wir hatten eine tolle Zeit, aber wir passen einfach nicht mehr zusammen. Der Schlussmach-Talk. | August 2023
Um Nutzer:innen von Content und Produkten zu überzeugen, werden in der Format- und Werbeentwicklung häufig fiktive Personas erstellt, mit denen sich die Zielgruppen identifizieren sollen. Unsere ausgedachte Userwelt wird seit vielen Jahren von Menschen wie Bernd, 42, dem singenden Sportlehrer, oder Tina, 53, der backenden Buchhalterin bewohnt, deren Marotten, Hobbys und Träume wir gedanklich erforscht haben. Doch es fehlen die Inspiration und die Nähe, die uns Algorithmen geben können.
Welche KI-Alternative gibt es zu Personas, wie überwinden wir Stereotype und was können wir von den vielfältigen Bedürfnissen der Nutzer:innen lernen? Diese Frage diskutierte Karin Bjerregaard Schlüter, Gründerin der Kulturbotschaft Berlin, in ihrem Schlussmach-Gespräch beim Summer of Content.
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