Interview mit Ingo Sawilla und Florian Hofmann vom Berliner Ensemble
von Anaïs Jung
Im Januar 2024 erschien die erste Folge von Wie War’s? — dem Podcast des Berliner Ensemble. In jeder Folge geht Gastgeberin und Kulturjournalistin Marion Brasch mit einer wechselnden prominenten Begleitung ins Theater; anschließend unterhalten sich die beiden mit jemandem aus dem Team der Inszenierung über die Vorstellung. Was mit einer Beschreibung der Eindrücke beginnt, entwickelt sich oft zu einem interessanten Gespräch über gesellschaftlich relevante Themen. In diesem Interview berichten Ingo Sawilla (Leitung Kommunikation & Audience Development) und Florian Hofmann (Digitale Kommunikation), welche Erfahrungen sie in der Produktion des Podcasts gemacht haben.
"Wie War’s" lautet der Titel eures Podcasts. Uns interessiert: Wie war’s den Podcast zu machen? Und wie kamt ihr auf die Idee?
I.S.: Seit Corona haben wir verstärkt nach einem eigenen Podcast-Format gesucht. Unser Anliegen ist es, uns zu öffnen und mehr Teilhabe zu ermöglichen. Wir haben uns deshalb gefragt: Wie können wir am besten locker und ohne großes Vorwissen Gespräche über Theater ermöglichen, sodass die Leute sagen: "Mensch, da könnte ich auch mal wieder hingehen?". Das Format "Wie war’s?" hat dann alle Bedürfnisse erfüllt, die wir an einen Podcast hatten.
Wie seid ihr vorgegangen, um das Format zu entwickeln?
I.S.: Oft legt man im Theater einfach los — hier war das anders, weil es nicht unser Kerngebiet ist. Wir haben uns viel Zeit für die Formatentwicklung genommen. Wir haben anderthalb Jahre über den Podcast nachgedacht und unterschiedliche Dinge ausprobiert; dann hat es nochmal ein halbes Jahr gedauert, bis die erste Folge von “Wie war’s?” dann tatsächlich erschien. Wir haben verschiedene Ideen diskutiert und sogar mehrere Pilotfolgen unterschiedlicher Formate produziert. Dann haben wir Fokusgruppen dazu befragt. Es waren noch zwei andere Formatideen im Rennen: “Kulisse und Diskurs” und “Der andere Blick”. Bei allen Ideen ging es uns um eine Außenperspektive. Wir wollten keine Nabelschau des eigenen Betriebs. Es sollten sich auch und vor allem die Leute angesprochen fühlen, die noch nicht regelmäßig zu uns kommen.
Wie distribuiert ihr den Podcast?
F.H.: Hierfür haben wir uns Unterstützung von außen geholt, mit unserem Vertriebspartner Zebra Audio. Sie helfen uns dabei, dass wir auf allen relevanten Podcast-Plattformen vertreten sind.
I.S.: Distribution bedeutet für uns, viele verschiedene Maßnahmen zu verknüpfen. Zum Start wollten wir eine große Durchschlagskraft erzielen. Also haben wir eine Social-Media-Kampagne gestartet und parallel Anzeigen on- und offline geschaltet. Außerdem gab es zu fast jeder Folge ein Gewinnspiel, das wir auch über den Newsletter des Berliner Ensembles und Social Media beworben haben — zu gewinnen gab es zum Beispiel eine von El Hotzo signierte “It’s Britney Bitch”-Tasche. Natürlich profitieren wir auch von den Communities der prominenten Gäst:innen.
Was waren Herausforderungen?
F.H.: Unsere größte Herausforderung war die Terminkoordination. Zuerst mussten wir überlegen, wen wir einladen wollen und für welches Stück. Dann muss der Gast am Tag der jeweiligen Vorstellung Zeit haben, Marion Brasch muss Zeit haben, und eine Person aus der Inszenierung. Zwei Folgen, die wir geplant hatten, konnten wir nie realisieren, da wir keinen passenden Termin finden konnten.
I.S.: Es war zunächst auch gar nicht so einfach, Gäst:innen zu finden, die bereit dazu sind, direkt nach der Vorstellung über Theater zu sprechen. Für viele gibt es da eine Hürde. Daher sind wir froh, dass wir es geschafft haben, so unterschiedliche Charaktere für den Podcast zu gewinnen: von Maja Göpel über El Hotzo und Bosse bis zu Anne Will. Alle bringen einen ganz eigenen Blick mit.
Wird es eine zweite Staffel geben?
I.S.: Die erste Staffel kam sehr gut bei den Zuhörer:innen und bei uns im Haus an, daher planen wir aktuell, das Format gemeinsam mit Marion Brasch fortzusetzen. Allerdings, das wird noch einen Moment dauern, bis wir genug Folgen für eine zweite Staffel produzieren konnten. Im Sommer wird es aber zur Überbrückung der Wartezeit, passend zur Europameisterschaft und unserer Produktion "Spielerfrauen", ein Sommer-Special geben.
Habt ihr am Haus eine Digitalstrategie? Und wenn ja, wie sieht diese aus?
I.S.: Ja. Unsere Digitalstrategie stützt sich auf vier Säulen: Image-Building, Kommunikation/Service, Vermittlung und Vertrieb. Bei allen größeren Projekten versuchen wir, mindestens zwei Säulen zu bedienen. Beim Podcast sind das Image-Building und Kommunikation. Außerdem ist uns bei allen Maßnahmen das Storytelling ein zentrales Anliegen.
Was bedeutet Storytelling für euch?
I.S.: Storytelling können wir am Theater gut, das ist unser Kerngebiet. Es ist die Basis all unserer Kommunikationsmaßnahmen. Ob in der Pressearbeit oder auf Social Media, wir versuchen alles in eine Geschichte zu verpacken und Dramaturgien drumherum zu entwickeln.
Habt ihr Tipps für andere Theater, die einen Podcast machen wollen?
I.S.: Wir sind selber noch am Lernen, daher möchte ich hier jetzt gar keine großen Tipps geben. Aber als Theaterkollege und potenzieller Hörer anderer Podcasts wünsche ich mir, dass es mehr Formate gibt, die nicht nur diese Selbstbespiegelung betreiben. Sprecht nicht immer mit den gleichen Leuten über das Gleiche, sondern ladet verschiedene Perspektiven ein!
F.H.: Den Blick zu erweitern — das war unser Anliegen. Wir hoffen, dass unser Format die Zuhörer:innen ermutigt, nicht nur ins Berliner Ensemble zu kommen, sondern überall in Deutschland ihr örtliches Theater zu besuchen.
Und zum Abschluss: Welche Podcasts hört ihr gerne?
I.S.: "Sitzprobe mit Sekt" von der Staatsoper in Stuttgart ist ein Gesprächspodcast, den ich gerne höre. Außerdem mag ich "Tech & Trara" von den Netzpiloten, da geht es um ganz unterschiedliche Tech-Innovationen.
F.H.: Ich bin tatsächlich kein großer Podcast-Hörer. Aber wenn ich etwas höre, sind das News- oder Gesprächspodcasts, bei denen mich die Gäst:innen interessieren, zum Beispiel "Tekkal & Behroz" und dann die Klassiker wie "Apokalypse und Filterkaffee".
Mehr zum Thema: "Podcast-Pioniere: Wie können Museen und Theater mit Podcasts erfolgreich sein?"
Foto-Credit Ingo Sawilla (links): Hoang Thien Pham
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