Zu den erstaunlichen, fast magischen Eigenschaften des Internets gehört die kommunikative Eliminierung des Raums. Eine E-Mail aus Tokio erreicht mich (beinahe) so schnell wie eine, die im Nachbarzimmer abgesendet wurde. Die prophetische Aussage von Marshall McLuhan hat sich erfüllt: Wir leben wirklich in einem »globalen Dorf«, zumindest in Bezug auf die technischen Möglichkeiten.
Das Digitale ermöglicht die Stärkung des Lokalen
Was geschieht nun in diesem Mediensetting mit dem Lokalen? So ähnlich vielleicht die Mails aus Tokio und dem Nachbarzimmer wirken, so ist mir das Zimmer doch näher. Ich kann jederzeit hineingehen, ich kenne die örtlichen Gegebenheiten und habe Kontakt zu Menschen in meiner Umgebung. Mir kam es lange Zeit seltsam vor, wenn das Web für lokale Zwecke genutzt wird, etwa für Lokaljournalismus oder Nachbarschaftsnetzwerke. Dabei ist es doch buchstäblich naheliegend, direkte Kontakte zu stärken, indem man sie durch digitale Communitys ergänzt.
Die Museumswelt redet derzeit viel über »Outreach«, man will neue und andere Besucher:innengruppen in die Häuser holen. Diversität soll befördert werden, manche Institutionen wollen gerade auch den Kontakt zur Nachbarschaft, zu städtischen Szenen und Kiezen stärken. Es ist kein Wunder, dass diejenigen Museen Vorreiter im Outreach sind, die in offiziellen Aufstellungen als »Heimatmuseen« bezeichnet werden: Stadt- und Regionalmuseen. Die großen Pilotprojekte, bei denen sich mobile Museumsteams in den Stadtraum begeben haben, kommen von Häusern wie dem Historischen Museum Frankfurt oder dem Kopenhagener Stadtmuseum.
Wenn wir über Digital-Outreach sprechen, geht es bei den »Heimatmuseen« oft darum, Analoges und Digitales zu verbinden. Zum Beispiel kann man bisher unterrrepräsentierte Besucher:innengruppen aus der Nachbarschaft einladen, im Haus Clips für einen TikTok-Kanal zu drehen, zusammen mit dem MK&G in Hamburg hat die kultur{}botschaft im vergangenen Jahr ein entsprechendes Projekt gemacht. Wichtig scheint uns, dass Outreach nicht ausschließlich als neue Art von Marketing verstanden wird; es bietet vielmehr einen Anlass, sich selbst und die eigene Sammlung gründlich zu befragen, und mit neuen, lokal erreichbaren Gruppen digital zu teilen, sei es über Social Media oder gar Schwarmkuration.
»Hallo Nachbar:in!« wäre also durchaus ein gutes Motto für digitale Outreach-Projekte.
Hi, mein Name ist Ralf, mich triffst du normalerweise in Museen, in Buchläden oder bei Konzerten. Ich bin Mitgründer von kultur{}botschaft, Berater und Kulturjournalist.
Hyper-Snacks des Monats
🤓 Wer noch mehr über Outreach erfahren möchte, und vor allem auch über die Einbettung in das Konzept von Digital Citizenship, dem sei dieser Vortrag von Ivana Scharf empfohlen, auf Einladung der Kulturstiftung der Länder.
🎧 Die Ausstellung »Ein anderes Land. Jüdisch in der DDR« im Jüdischen Museum Berlin ist leider schon ausgelaufen. Aber das Museum hat zusammen mit dem Deutschlandfunk einen hörenswerten Podcast produziert, einer der raren Fälle wo eine Ausstellung in einem anderen Medium weitergeführt wird.
🎨 Das animierte Kunstformat @ohnetitel3000 (WDR) geht in die zweite Staffel! In den schnellen und manchmal absurden TikTok-Videos geht es um Dalis widerspenstige Schnurrbartspitzen oder darum, wie Christo beim Verpacken "flext". Wir sind gespannt auf die neuen Folgen.
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