Interview mit Franziska von Plocki vom Städel Museum
von Anaïs Jung
Das Städel Museum gilt als Vorreiter im Bereich Museumspodcasts. Bereits vor mehreren Jahren hat es mit Finding van Gogh und Blinded by Rembrandt zwei Podcasts hervorgebracht, die durch ihre aufwendige Produktion und spannende Erzählweise überzeugen. Das monatlich erscheinende Musikformat Städel Mixtape ergänzt das Angebot. In diesem Interview erzählt Franziska von Plocki, stellvertretende Leiterin der Presse und Onlinekommunikation, wie das Museum Podcasts nutzt, um und auf den Museumsbesuch vorzubereiten und den Blick auf die Kunst zu schärfen.
Wie kam es dazu, dass das Städel Museum Podcasts macht?
Alles begann mit „Finding van Gogh“. Der Podcast erschien 2019 begleitend zu unserer Van-Gogh-Ausstellung im Städel. Die Ausstellung war der Anlass, um ein neues digitales Angebot zu entwickeln und sich damit im Podcast-Markt zu positionieren. Die bewegte, True-Crime-Geschichte des „Bildnis des Dr. Gachet“ von van Gogh eignete sich besonders. Wo ist das Meisterwerk heute? In die Produktion flossen die Recherchen der Provenienzforscher ebenso mit ein wie die Recherchen der Kuratoren, der wissenschaftlichen Kollegen, Gachet-Experten, der beiden Autoren sowie viele weitere Stimmen.
Auch beim Podcast "Blinded by Rembrandt" war eine große Sonderausstellung der Anlass für die Produktion. Von Anfang an hatten wir eines der schockierendsten und zugleich faszinierendsten Werke der Kunst im Blick, „Die Blendung Simons“. Dieses Werk berührt viele Themen, und diese „blinden Flecken“ wollten wir im Podcast beleuchten. Wir machten uns gemeinsam mit dem Host Michel Abdollahi auf die Suche danach. Unser Ziel war es, den Blick auf die Kunst zu schärfen und zu zeigen, wieviel Relevanz für unsere Gegenwart in den Alten Meistern steckt.
Hatten Sie Vorbilder?
Wir haben uns an internationalen Podcasts orientiert. „Finding van Gogh“ und „Blinded by Rembrandt“ sind narrative und serielle Formate, bei denen das Erzählerische im Vordergrund steht. Da hatten wir Vorbilder aus Skandinavien und den USA – teilweise auch aus ganz anderen Bereichen. Wir wollten nicht einen anderen Kunstpodcasts kopieren, sondern was Eigenes schaffen. Uns war dabei auch wichtig, dass das neue digitale Angebot zur DNA des Hauses passt.
Was steckt hinter dem “Städel Mixtape”?
Da wir nicht jedes Jahr eine große Podcast-Produktion launchen können, haben wir das Städel Mixtape als regelmäßiges Format mit monatlich erscheinenden Folgen eingeführt – ohnehin fast zeitgleich zu den Podcast-Serien. Diese Idee entstand auch dem Austausch mit unserem Partner ByteFM. Der Ansatz hier ist eine musikalische Bildbetrachtung. Es entsteht ein Soundtrack zu einem Werke der Städel Sammlung. Ausgehend von der Kunst entwickelt unsere Moderatorin Liz Remter unterschiedliche Erzählstränge und bindet Musikstücke ein.
Welche Abteilungen sind in die Produktion involviert?
Wir entwickeln alle digitalen Angebote, wie Podcasts, Digitorials oder Filme inhouse, in der Regel in Zusammenarbeit mit externen Produktionspartnern. Für jedes digitale Produkt bilden wir eine Arbeitsgruppe, in der Vertreter aus verschiedenen Abteilungen zusammenkommen. Bei Bedarf sind auch verschiedene wissenschaftliche Abteilungen involviert, um neueste Forschungsergebnisse gleich einzubeziehen. Ansonsten laufen die Produktionen über die Teams der Kommunikation und Vermittlung.
Wie distribuieren Sie die Podcasts? Und wen erreichen Sie damit?
Wir kommunizieren die Podcast-Formate über unsere eigene Social-Media-Kanäle, den Newsletter und die Website. Wir setzen zudem auf verschiedene Möglichkeiten des Inhouse-Marketings und haben ein externes Werbebudget.
Ziel ist es, mit unseren digitalen Angeboten auch Personen anzusprechen, die möglicherweise über unsere bisherigen Kanäle noch nicht erreicht werden. Wer genau unsere Podcasts hört, erfahren wir vornehmlich durch den unmittelbaren Kontakt mit den Hörern. Beispielsweise fordern wir für das Städel Mixtape unsere Community in jeder Folge dazu auf, ihre Musikwünsche für die kommende Episode mit uns zu teilen.
Was ist die Rolle von Podcasts in Ihrer Digitalstrategie?
Podcasts sind ein Teil unserer digitalen Visitor Journey, mit der sich unsere Besucher etwa auch auf den Museumsbesuch vorbereiten können. Da sich der Markt und das Hörverhalten aber auch stetig verändern, versuchen wir uns auch hier immer weiterzuentwickeln.
Welchen Tipp würden Sie anderen Museen geben, die einen Podcast machen wollen?
Wer einen Podcast macht, sollte sich auf viele Unvorhersehbarkeiten einstellen und damit rechnen, dass es länger dauert als geplant. Da muss man flexibel sein und loslassen können – auch was den Inhalt betrifft. Wenn man andere Gesprächspartner und verschiedenen Perspektiven einbezieht, hat man nie alleine die erzählerische Hoheit.
Welche Podcasts hören Sie selber gerne?
Ich höre sehr viele Podcasts, oft aber auch nur einzelne Episoden. Den einen Lieblingspodcast habe ich daher nicht. Aus dem US-amerikanischen Raum gefallen mir „This American Life“ und „Stuff you should know“. Aus dem deutschen Raum höre ich gerne den Feuilleton-Podcast „Die sogenannte Gegenwart“, weil ich hier den Alltagsbezug spannend finde. Außerdem gefällt mir „Die neuen Zwanziger - Der Salon“ – das Format geht sehr ausführlich ins Detail, oft über mehrere Stunden.
Franziska von Plocki ist Stellvertretende Leiterin der Presse und Onlinekommunikation am Städel Museum und der Liebieghaus Skulpturensammlung und gemeinsam mit Anna Huber, Annabell Hurle und Pamela Rohde Teil der Podcast-AG. Sie betreut außerdem gemeinsam mit Anne Sulzbach und Natalie Wasiljew redaktionell das STÄDEL MIXTAPE.
Mehr zum Thema: "Podcast-Pioniere: Wie können Museen und Theater mit Podcasts erfolgreich sein?"
Foto-Credit: Städel Museum
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